Kettenrettung
Kettenrettung – Oslo-Methode
Die sogenannte Kettenrettung nach der Oslo-Methode gilt als schnelle und effektive Variante, um eingeklemmte Personen aus Unfallfahrzeugen zu befreien. Dabei werden mit einer Seilwinde und Ketten deformierte Fahrzeugteile auseinandergezogen, anstatt sie wie üblich mit hydraulischen Rettungsgeräten zu drücken oder zu schneiden. In diesem Spezial-Modul vermitteln wir dir diese fortschrittliche Technik, die in Skandinavien bereits seit Jahren erfolgreich angewendet wird und auch hierzulande immer mehr Anhänger findet. Du lernst, wie die Methode funktioniert, wann ihr Einsatz sinnvoll ist und wie du sie sicher beherrschst. So bist du gerüstet, wenn im Ernstfall jede Minute zählt und konventionelle Methoden an ihre Grenzen stoßen.
Was dich erwartet
Zunächst erhältst du einen umfassenden Einblick in die Theorie der Oslo-Methode. Wir erklären dir das Prinzip dieser Rettungstechnik: Welche Ideen dahinterstecken, in welchen Unfallszenarien sie Vorteile bietet und wo die Grenzen liegen. Anhand von Beispielen (z. B. schwer deformierter Vorderbau nach Frontalcrash, eingequetschte Beine des Fahrers durch das Armaturenbrett) besprechen wir, wie die Kettenrettung hier ansetzt und warum sie oft schneller ist als das Arbeiten mit Rettungszylinder & Spreizer. Natürlich stehen auch Sicherheitsaspekte im Fokus: Du lernst die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen kennen, z. B. wie ein Gefahrenbereich um das Fahrzeug festgelegt wird, wie man die Ketten korrekt anschlägt und das Personal positioniert, um keinem unnötigen Risiko ausgesetzt zu sein.
Wir zeigen dir die benötigte Ausrüstung: Kettensatz (Ketten, Verbindungsmittel, Anschlagpunkte), ein geeignetes Zuggerät (i. d. R. die Seilwinde eures Fahrzeugs) und Hilfsmittel wie Umlenkrollen oder Schutzmatten für’s Seil. Bevor es praktisch wird, weißt du also genau, worauf es ankommt.
Dann geht es an die Praxis: Unter Anleitung unserer Ausbilder wendest du die Oslo-Methode selbst an einem Übungsfahrzeug an. Zunächst übst du das richtige Anschlagen der Ketten am Unfall-PKW. Wir zeigen verschiedene Anschlagpunkte, z. B. wie man Ketten an den B-Säulen oder am Fahrzeugrahmen befestigt, um das Vorderteil zu ziehen, oder wie die Kette um Lenksäule/Pedale gelegt wird, um eingeklemmte Beine zu befreien. Schritt für Schritt baust du den Zug auf: Die Ketten werden mit der Seilwinde verbunden, das System wird vorspannungsfrei eingerichtet, bevor du kontrolliert Zug auf das Fahrzeug ausübst. Du wirst erleben, wie sich die Karosserie unter der Krafteinwirkung verformt und Raum schafft – ein beeindruckender Moment, der zeigt, wie wirkungsvoll diese Methode sein kann. Natürlich erfolgt das Ziehen immer in kleinen Etappen und in Abstimmung mit dem Team: Während die Winde zieht, beobachten andere den Patienten (bzw. die Puppe) und den PKW, um dir Rückmeldung zu geben. Kommunikation und Teamarbeit sind auch hier der Schlüssel, damit die Kettenrettung sicher abläuft.
Je nach Fortschritt können wir verschiedene Szenarien durchspielen: Zum Beispiel einen Seitenaufprall, bei dem mit Ketten die Fahrgastzelle seitlich erweitert wird, oder eine Frontalkollision, bei der das Armaturenbrett vom Eingeklemmten weggezogen wird. Du lernst, für jedes Szenario die passenden Anschlagpunkte und Zugrichtungen zu wählen. Ebenso übst du, die Zugkraft richtig zu dosieren und ggf. die Position der Ketten nachzustellen, um optimale Wirkung zu erzielen. Unsere Ausbilder greifen ein, falls etwas hakt, und geben dir Tipps aus der Praxis – etwa wie man mit Holz unterbaut, um Zugwinkel zu verbessern, oder wie man auf unerwartete Bewegungen des Fahrzeugs reagiert. Am Ende des Praxisteils hast du die Oslo-Methode mehrfach eigenhändig durchgeführt und ein Gefühl für diese Technik entwickelt. Das gesamte Training findet bei euch vor Ort statt, unter Nutzung eurer Seilwinde und – wenn vorhanden – eures eigenen Kettenrettungssatzes. (Falls eure Wehr noch keinen eigenen Satz besitzt, können wir nach Absprache Übungsmaterial bereitstellen.) Wichtig ist ein geeigneter Übungsplatz, an dem wir gefahrlos ziehen können – ideal ist z. B. ein abgesperrter Bereich auf dem Hof oder Übungsgelände.
Dein Nutzen
- Zeitgewinn im Einsatz: Du erweiterst dein Repertoire um eine Rettungstechnik, die in zeitkritischen Lagen enorme Vorteile bringt. Nach dem Seminar bist du in der Lage, die Rettungszeit bei bestimmten Unfallbildern deutlich zu verkürzen, was die Überlebenschancen eingeklemmter Personen erhöhen kann.
- Kompetenz in neuer Technik: Die Oslo-Methode ist (noch) nicht überall bekannt – mit diesem Training wirst du zu einem Ansprechpartner für diese spezielle Technik in deiner Einheit. Du weißt genau, wie sie funktioniert, und kannst im Ernstfall beurteilen, wann ihr Einsatz sinnvoll und machbar ist.
- Sicherheit im Umgang mit großen Kräften: Durch das intensive Üben gewinnst du Vertrauen in den Umgang mit Ketten und Winde auch unter hoher Last. Du lernst, respektvoll aber ohne übermäßige Angst mit den auftretenden Kräften umzugehen, und kennst die nötigen Sicherheitsvorkehrungen, um dein Team zu schützen.
- Besseres Verständnis der Fahrzeugstrukturen: Indem du ein Unfallfahrzeug wortwörtlich auseinanderziehst, bekommst du ein tieferes Verständnis dafür, wie Karosserien aufgebaut sind und wie sie sich unter Zugbelastung verhalten. Dieses Wissen hilft dir übrigens auch bei konventionellen Rettungsmethoden, da du Fahrzeugdeformationen besser einschätzen kannst.
- Flexibilität und Kreativität: Du wirst nach dem Seminar flexibler denken können, wenn es um Rettungstechniken geht. Sollte ein Unfall mit Standard-Vorgehen nur schwer zu bewältigen sein, hast du mit der Kettenrettung nun eine kreative Alternative parat und traust dir zu, auch ungewöhnliche Maßnahmen umzusetzen.
- Unterlagen und Nachbetreuung: Auch für diese Spezialtechnik stellen wir dir Merkblätter zur Verfügung – mit Schritt-für-Schritt-Anleitung, Hinweisen zu Kräften und Anschlagpunkten sowie Sicherheitstipps. So kannst du das Gelernte jederzeit auffrischen.
Voraussetzungen
- Sehr gute Kenntnisse in der technischen Unfallrettung (empfohlen: absolvierte Module „Unfallrettung PKW“)
- Erfahrung im Umgang mit der maschinellen Zugeinrichtung (Seilwinde) aus Feuerwehr-Einsätzen oder Lehrgängen
- Feuerwehrfahrzeug mit Seilwinde und Kettenrettungssatz am Ausbildungsort (alternativ Bereitstellung nach Absprache)
- Vollständige persönliche Schutzausrüstung Feuerwehr (inkl. Augenschutz) für alle Teilnehmer
Organisatorisches
Das Spezialseminar „Kettenrettung“ dauert in der Regel einen Ausbildungstag (circa 8 Stunden, je nach Schwerpunkt). Wir führen das Training vor Ort bei euch durch, vorzugsweise auf einem geeigneten Gelände, wo wir gefahrlos mit Winde und Ketten arbeiten können. Wichtig ist, dass mindestens ein Einsatzfahrzeug mit Seilwinde bereitsteht und ein Schrott-PKW als Übungsobjekt vorhanden ist, da wir sehr praxisnah üben. Die Teilnehmerzahl sollte 12 nicht überschreiten, damit jeder ausreichend praktische Übung erhält und wir die nötigen Sicherheitsabstände einhalten können. Während des Seminars achten unsere Ausbilder strikt auf die Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen (Absperrung, richtiges Anschlagen, Kommunikation), sodass niemand gefährdet wird. Am Ende des Seminars gibt es eine ausführliche Nachbesprechung, in der Fragen geklärt und Erfahrungen ausgetauscht werden. Jeder Teilnehmer erhält zudem eine Dokumentation mit den wichtigsten Erkenntnissen und Richtlinien zur Oslo-Methode. Die Terminplanung ist flexibel und erfolgt nach Absprache – gerne passen wir uns euren Wunschdaten an, damit möglichst viele aus eurem Team teilnehmen können.